Sie werden getreten, durchs Wasser gescheucht, von großen Fliehkräften verformt,
über Kanten und Schlaglöcher gejagt und verrichten doch klaglos den Dienst –
moderne Motorradreifen.
Gerade weil Reifen so klaglos den üblichen Belastungen standhalten und von
wenigen „Plattfüssen“ abgesehen, meistens bis zum Ende des Profils funktionieren ist
wenig über das Innenleben von Motorradreifen und deren Schäden bekannt.
Der Gesetzgeber hat alle erforderlichen Bestimmungen über Motorradreifen in den
EU-Richtlinien ECE 75R zusammengefasst. In Deutschland gilt darüber hinaus
ergänzend der § 36 der StVZO. Neben den vorgeschriebenen Kennzeichnungen und
Eigenschaften eines Reifens werden in den Ausführungsrichtlinien zu § 36 StVZO
auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine mögliche Reifenreparatur
festgelegt.
Reifenbauarten:
Je nach Aufbau des Reifens bzw. seiner Karkasse werden Reifen entweder als
Diagonalreifen oder als Radialreifen (Gürtelreifen) bezeichnet.
Beim Diagonalreifen werden je nach Reifentyp 2 – 4 Lagen Karkassmaterial aus
Nylon oder Rayon in einem festgelegten Winkel zusammengefügt. Der Winkel indem
die Karkasslagen zueinander stehen, bestimmt wesentlich die Eigenschaften des
Reifens. Dabei gilt das bei spitzem Winkel der Reifen eine hohe Seitensteifigkeit,
wenig Walkarbeit und damit wenig Erwärmung aber auch nur einen eingeschränkten
Abrollkomfort und geringe Dämpfungseigenschaften hat. Bei stumpfem Winkel der
Karkasslagen, verbessern sich Komfort und Abrollsteifigkeit, jedoch nehmen
Walkarbeit und Hitzeentwicklung bei schwächerer Seitensteifigkeit zu.
Alle Diagonalreifen besitzen gemeinsam den Nachteil, dass bei höheren
Geschwindigkeit den Abrollumfang durch die Fliehkräfte deutlich zunimmt. Der Reifen
„wächst“ mit zunehmender Geschwindigkeit. Durch das Reifenwachstum in
Umfangrichtung reduziert sich die Auflagefläche des Reifens auf der Strasse. Die
Belastung des Reifens pro Quadratzentimeter Auflagefläche und damit der Verschleiß
nimmt in höheren Geschwindigkeitsbereichen deutlich zu.
Um das Reifenwachstum zu reduzieren kann der Reifen als Gürtelreifen mit
Diagonalkarkasse hergestellt werden.
2 Diagonalkarkasslagen werden hier durch 2 zusätzliche, diagonal angeordnete
Gürtellagen ergänzt. Der Fadenwinkel der beiden Gürtellagen beträgt dabei etwa 20
Grad und ergibt eine deutlich geringere Neigung zum Reifenwachstum bei höheren
Geschwindigkeiten. Durch das reduzierte Reifenwachstum und durch die geringe
Veränderung der Reifenkontur bleibt die Auflagefläche größer. Reifenlebensdauer
und Haftung des Reifens nehmen zu. Durch die geringeren Veränderungen des
Reifens, lassen sich auch weichere Gummimischungen mit verbesserter Haftung
verwenden.
Die beiden Diagonalkarkassen ergeben eine gute Festigkeit der Reifenseitenwand
und damit ein präzises Lenkverhalten und eine hohe Belastbarkeit.
In den 90iger Jahren ist es der Firma Metzeler erstmalig gelungen einen echten 0-
Grad Radialreifen für Motorräder zu bauen, der allen Ansprüchen genügte.
Während im PKW-Bereich Radialreifen mit 0-Gradgürtel schon in den 60iger Jahren in
Großserie gingen, waren fast alle Versuche Radialreifen für Motorräder nach der
bekannten Technik zu bauen, zum Scheitern verurteilt. Es kam durch die 3-D Kontur
des Motorradreifens immer wieder zu Ablösungen des Gürtels von der Karkasse.
Während beim PKW Reifen die einzelnen Lagen des Gürtels mit gleichmäßigem
Radius gewickelt werden können, müssen die einzelnen Lagen des Gürtels beim
Motorradreifen mit stets unterschiedlichem Umfang gewickelt werden, um die
bekannte Kontur des Motorradreifens zu ermöglichen.
Beim Radialreifen werden 2 Karkasslagen im 90° Winkel zueinander angeordnet. Das
hierzu notwendige Herstellungsverfahren ist sehr kostenintensiv.
Durch die radiale Anordnung der Karkasslagen besitzt der Reifen ernorm hohe
Formbeständigkeit. Das Reifenwachstum auch bei höchsten Geschwindigkeiten
beträgt nahezu 0. Die Reifenkontur ist nur geringsten Änderungen unterworfen.
Durch diese Eigenschaften reduziert sich die Walkarbeit des Reifens auf ein Minimum
und auch die thermische Belastung des Reifens durch die Walkarbeit ist sehr gering.
Im praktischen Betrieb überzeugt zudem die hohe Eigendämpfung des Reifens, die
zu einer deutlich geringeren Anfälligkeit gegenüber Shimmy oder Kick-Back führt.
Nachteilig wirkt sich aber beim 0° Radialreifen die geringe Seitensteifigkeit des
Reifens aus. Dies würde sich in einer geringen Lenkexaktheit und in einem seitlichen
Verbiegen des Reifens bemerkbar machen. Beim Einlenken des Motorrades wären
permanente Lenkkorrekturen erforderlich, beim Beschleunigen würde der
Hinterradreifen seitlich einknicken.
Um diese Probleme zu beseitigen waren aufwändige Entwicklungsarbeiten am Gürtel
und an der Seitenwand des Reifens erforderlich.
Die Weiterentwicklung des Stahlgürtels, ein deutlich größerer Kernfüller und der
Gürtelumschlag ergaben dann in Verbindung mit Niederquerschnittsreifen die heute
bekannten Qualitäten. Bei Vorderradreifen werden häufig auch 2 in stumpfen Winkel
angeordnete Gürtellagen ergänzt durch den Radialgürtel verwendet um die
Seitensteifigkeit des Reifens zu verbessern.
Reifenreparatur
Der Gesetzgeber hat in den Richtlinien des § 36 StVZO die Rahmenbedingungen für
eine Reifenreparatur festgelegt.
Grundsätzlich gilt für eine Reifenreparatur, dass der ausführende Betrieb für eine
fachgerechte Reparatur des Reifens die volle Haftung zu übernehmen hat. Der Reifen
muss vor einer möglichen Reparatur hinsichtlich seiner Reparaturfähigkeit beurteilt
werden. Neben der Beurteilung des eigentlichen Reifenschadens sind die
Rahmenbedingungen des Gesetzes zu beachten.
Eine Warmvulkanisation des Reifens zu Reparaturzwecken ist beim Motorradreifen
zulässig, solange der Schadensort in den mittleren 75 % der Lauffläche liegt. Die
Reifenkanten und die Seitenwand des Reifens, ist nicht instandsetzungsfähig.
Eine Kaltvulkanisation mittels Reparaturstopfen ist auch beim Motorradreifen
zulässig, solange es sich um eine Stichverletzung des Reifens handelt und der
Durchmesser der Beschädigung nicht mehr als 6 mm beträgt.
Zusätzlich zu diesen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind aber eine Reihe von
anderen Richtlinien zu beachten.
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Hier sind insbesondere die technischen Richtlinien der Reifenhersteller und der
Fahrzeughersteller zu beachten.
In den meisten Fällen verbieten die Fahrzeughersteller aus Sicherheitsgründen die
Instandsetzung des Reifens oder verweisen zumindest auf die alleinige Haftung des
instandsetzenden Betriebes. Aus Sicht der meisten Reifenhersteller ist eine
Instandsetzung ebenfalls nicht zu empfehlen, da die Reifen nach einem
Reifenschaden einen möglicherweise nicht kalkulierbaren inneren Schaden erlitten
haben können und somit eine fachgerechte Reparatur nicht mehr möglich ist. Aus
Sicherheitsgründen wird auch hier zum Austausch des Reifens geraten.
Ergänzend zu diesen Richtlinien sind die WdK Richtlinien des „Wirtschaftsverbandes
der Kautschukindustrie“ mit heranzuziehen.
Sollte trotz dieser gerechtfertigten Einschränkungen eine Reparatur geprüft werden,
sind die Angaben des Reparaturmittelherstellers zu beachten. Je nach
Reparaturmittel können hier Einschränkungen beim Geschwindigkeitsindex,
Schadensart oder Schadensgröße eine Reparatur technisch unmöglich machen.
Aus den obigen Einschränkungen heraus, möchte auch der Autor den Ratschlag
geben, einen beschädigten Reifen sicherheitshalber gegen einen neuen Reifen
auszutauschen und von einer Reparatur eines Motorradreifens abzusehen.
Diagnose eines Reifens
Im Schadensfall muss jeder beschädigte Reifen vollständig von der Felge demontiert
werden, um die Innenseite des Reifens beurteilen zu können. Eine Reparatur auf der
Felge ist seitens des Gesetzgebers untersagt. Chemische Pannenhelfer die unterwegs
als Nothilfe eingesetzt wurden, führen übrigens automatisch zu einem nicht mehr
instandsetzungsfähigen Reifen.
Bei demontiertem Reifen, sollte sofort geprüft werden, ob im Bereich der
Seitenwände so genanntes „Stauchrunzeln“ erkennbar ist. Durch zu geringen
Luftdruck entweder durch Nachlässigkeit bei der Wartung oder aber durch Defekt des
Reifens oder des Ventils kommt es zu einer deutlichen Verformung der
Reifenseitenwand und zu deutlich erhöhter Walkarbeit des Reifens. Neben einer
thermischen Überlastung des Reifens kann es hier zu einer inneren Zerstörung des
Reifens kommen.
Dass durch falschen Luftdruck die Fahreigenschaften des Reifens und des Motorrades
völlig verändert werden soll hier nur am Rande erwähnt werden.
Zu niedriger Luftdruck führt zu:
• Verändertem Dämpfungsverhalten
• Erhöhter Walkarbeit
• Erhöhter thermischer Belastung
• Schlechter Stabilität
• Eingeschränkte Hochgeschwindigkeitstauglichkeit
• Ausfall des Reifens
Zu hoher Luftdruck führt zu:
• Verändertem Dämpfungsverhalten
• Reduzierung der Aufstandfläche
• Verminderte Kraftübertragung
• Evtl. Probleme bei Shimmy und Kick-Back
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Wird ein Reifen über längeren Zeitraum mit zu niedrigem Luftdruck betrieben oder
mit zu hoher Belastung betrieben (Fahrzeug überladen) kann es im Extremfall zu
einem Gewebebruch des Reifens kommen. Kritisch sind hierbei nicht solch
ausgeprägte Gewebebrüche wie im Bild dargestellt, da diese auch zu einer außen
sichtbaren Beule im Reifen führt, sondern kleinere Gewebebrüche die versteckt
bleiben und auch nach längerer Zeit noch zum Ausfall eines Reifes führen können.
Solche Überlastungen des Reifens können übrigens auch geschehen, wenn der
Reifen mit nicht angepasster Geschwindigkeit über Bordsteinkanten oder
Schlaglöcher gefahren wird.
Ein weiteres Schadensbild das häufig durch zu geringen Luftdruck verursacht wird ist
das so genannte „Chunking“. Chunking entsteht, sobald die Reifentemperatur örtlich
auf mehr als etwa 120° Celsius steigt. Durch die erhöhte Temperatur kommt es zu
einer chemischen Veränderung des Reifens durch einen nachträglichen
beschleunigten Vulkanisationsprozess.
Die Chunking Spuren werden zuerst in größeren Gummiblöcken sichtbar, da dort die
Wärmeabfuhr am meisten eingeschränkt ist.
Chunking führt zu einem lokalem Ausbruch der Laufschicht durch Ablösung von der
Karkasse.
Zu niedriger Luftdruck kann speziell beim Motorradreifen auch durch falsche
Ventileinsätze, Ventilkappen oder Defekte am Reifen entstehen.
Aus diesem Grund wird eine Luftdruckprüfung vor Antritt einer jeden Fahrt
vorgeschrieben. Spätestens alle 14 Tage ist die Luftdruckprüfung jedoch
unumgänglich. Der Luftdruck ist bei kaltem Reifen auf den vom Hersteller des
Motorrades vorgeschriebenen Wert einzustellen.
Da in der Motorradfelge üblicherweise das Ventil senkrecht zur Felge steht, ist es
besonders hohen Fliehkräften ausgesetzt.
Ab einer Geschwindigkeit von etwa 200 km/h besteht die Gefahr, dass durch die
Fliehkräfte der Ventileinsatz gegen die Federkraft öffnet. Ein schleichender
Luftdruckverlust kann jetzt nur durch die Ventilkappe verhindert werden. Die
Ventilkappe kann jedoch die Luft nur dann zurückhalten wenn sie auch einen
entsprechenden Dichtring enthält.
Erhöhte Belastungsfähigkeit durch eine stärkere Feder des Ventileinsatzes weisen
übrigens so genannte Hochgeschwindigkeitsventile auf. Diese „High-Speed“ Ventile
sind an einem roten Teflonring anstelle des üblichen schwarzen Dichtringes
erkennbar.
Zunehmend werden insbesondere in Internet Auktionshäusern Winkelventile aus
Aluminium angeboten. Bei wenigen Fahrzeugen werden diese Ventile auch
serienmäßig verbaut. Wenn die Ventile Serienstandard sind besitzen Ventile und
Felge eine entsprechende Aussparung die das Ventil mechanisch gegen Verdrehen
sichert. Nachträglich montierte Winkelventile besitzen diese Verdrehsicherung nicht.
Es besteht daher die Gefahr, dass bei hohen Beschleunigungen das Ventil auf der
Felge verdreht wird und dadurch ein unbemerktes Lockern des gesamten Ventils
geschieht. Ein schleichender Luftverlust ist dann unausweichlich. Vor der
Nachrüstung solcher Ventile muss daher gewarnt werden.
Eine regelmäßige Luftdruckkontrolle und damit eine Entdeckung eines möglichen
Defektes unterbleibt leider auch dann, wenn der Reifen mit Sondergasen (Stickstoff)
befüllt wird.
Diese Gase werden häufig mit dem Argument des verringerten Druckverlustes und
damit weniger Walkarbeit angeboten.
Stickstoffmoleküle sollen nach den Werbeaussagen eine geringfügig größere
Ausdehnung haben und deswegen weniger durch den Gummi hindurchdiffundieren.
Da in der Druckluft ohnehin etwa 78 % Stickstoff enthalten sind, ist die Wirksamkeit
sehr eingeschränkt. Schädlich ist die trügerische Sicherheit des Fahrers hinsichtlich
der jetzt scheinbar nicht mehr erforderlichen Luftdruckkontrolle.
Weitere Argumente für Stickstoff sind wegfallende Alterung des Reifens, da der
Luftsauerstoff oxidierend auf das Gummi wirkt. Dieses Argument ist zwar technisch
zutreffend und bei geschlossenen Systemen z.B. Gasdruckstoßdämpfer mit
Gummimembranen auch sehr wichtig. Beim Reifen lässt es sich aber nicht
vermeiden, dass er auf der Außenseite mit der Luft und damit auch mit Sauerstoff in
Berührung kommt. Da für die Alterung des Reifens auch maßgeblich die UVEinstrahlung
insbesondere im Sommer verantwortlich ist, kann die geringfügige
verbesserte Alterung des Reifens auf der Innenseite vernachlässigt werden.
Als letztes Argument wird auf Einsätze dieser Sondergase im Rennsport (z.B. Formel
1) verwiesen. Dort wird mit dem Argument gearbeitet, dass Stickstoff durch seine
Eigenschaften bei Erwärmung zu einer geringeren Änderung des Luftdruckes führen
würde.
Da auf Gase wie Stickstoff oder Sauerstoff jedoch die Gasgesetze uneingeschränkt
Gültigkeit besitzen ist die Wärmeausdehnung der Gase identisch.
Denkbar ist eine etwas geringere Druckänderung durch das Fehlen von
Luftfeuchtigkeit.
In der Luft enthaltenes Wasser gelangt mit der Druckluft in den Reifen und kann zum
einen Korrosion an der Felge verursachen, zum anderen steigt der Druck von
Wasserdampf mit zunehmender Erwärmung überproportional an. Für einen
Extremsportbereich wie die Formel 1 mag dies sicherlich ein Argument sein, im
Straßenbetrieb sind diese Einflüsse jedoch zu vernachlässigen.
Neuer Reifen – neues Ventil!
Da die Bedeutung eines intakten Ventils für die Dichtigkeit des Felgen/Reifensystems
sehr hoch liegt, wird bei jedem Reifenwechsel auch das Ventil erneuert. Bei
geschraubten Metallventilen ist mindestens der Ventileinsatz zu erneuern.
Profiltiefe messen
Nach § 36 StVZO beträgt die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe für
Motorradreifen mindestens 1,6 mm, für Kleinkrafträder und Mofas genügen 1,0 mm.
Die Profiltiefe ist in den mittleren 75 % der Laufflächenbreite über den gesamten
Umfang in den Hauptprofilrillen einzuhalten und auch dort zu messen.
Als Hauptprofilrillen gelten die Profilrillen in denen die so genannte TWI-Markierung
angebracht wird.
TWI-Markierungen sind an kleinen Stegen in den Hauptprofilrillen erkennbar und
seitlich an der Reifenflanke mit Dreiecken oder den Buchstaben „TWI“ markiert.
Bei der Verschleißprüfung ist allerdings eine Kleinigkeit zu beachten:
Die TWI-Markierung ist keine Verschleißmarkierung hinsichtlich der
Mindestprofiltiefe!
Da bei Motorradreifen, im Gegensatz zum PKW-Reifen die TWI-Markierungen nicht
verbindlich vorgeschrieben sind, entscheiden die Reifenhersteller selbst über die
Höhe dieses Steges.
Bei den meisten Reifen sind daher die Stege nur etwa 0,7 bis 0,9 mm hoch. Die TWIMarkierung
ist aus Sicht der Reifenhersteller auch eine technische
Verschleißmarkierung des Reifens. Sobald diese Markierung mit dem Rest des
Profiles bündig würde, verliert der Reifen seine zugesicherten Eigenschaften
hinsichtlich zulässiger Geschwindigkeit und Tragfähigkeit.
Extremer Reifeneinsatz auf der Rennstrecke
Werden Reifen unter extremen Bedingungen betrieben z.B. auf der Rennstrecke kann
es zu scheinbaren Reifenschäden kommen.
Extreme Reifeneinsätze sind z.B. an stark aufgerauten Reifenschultern erkennbar,
z.T. auch an der Färbung des Gummis.
Auf den rauen Asphaltdecken der Rennstrecken, die mit normalem Straßenasphalt
nicht vergleichbar sind, bilden sich durch den starken Abrieb Gummiklumpen die im
Betrieb „aufgesammelt“ werden und als Unebenheiten auf dem Reifen sichtbar
werden.
Wenn der Reifen unter extremen Bedingungen örtlich auf mehr als etwa 80 bis 90°
Celsius erwärmt wird, kann es zu einer Auskristallisation von Schwefel kommen. Der
Schwefel führt zu einer oberflächlichen Blaufärbung des Reifens. Solange die
Blaufärbung nach wenigen „langsamen“ Kilometern Fahrtstrecke abgebaut wird, liegt
kein Reifenschaden vor.
Schäden durch Fremdkörper
Werden Reifen durch Fremdkörper beschädigt, muss auch nach Gesetz das Innere
des Reifens kontrolliert werden.
Äußerlich ist der Schaden nur oberflächlich zu beurteilen. Insbesondere bei kleinen
Stiften die in den Reifen eindringen, erfordert die Kontrolle eines Reifens bei Wartung
und Inspektion etwas Zeitaufwand.
Oberflächliche Schnittverletzungen des Reifens z.B. durch Glasscherben gelten als so
genannte „nicht instandsetzungsbedürftige Reifenschäden“ unter der Voraussetzung,
dass der Schnitt nicht bis zur Karkasse geht und tatsächlich nur in der Lauffläche
feststellbar ist. Insbesondere größere Anschnitte erfordern aber eine ständige
Kontrolle, da natürlich durch die Belastungen beim Beschleunigen oder Bremsen der
Riss allmählich größer und tiefer werden kann.
Dringen Fremdkörper in den Reifen ein, besteht immer die Gefahr, dass der Schaden
im Reifeninneren deutlich größer ist als durch eine äußere Überprüfung feststellbar
ist.
Durch die Beschädigung des Reifens dringen auch Schmutz und Feuchtigkeit in das
Reifeninnere ein. Besonders Feuchtigkeit im Inneren des Reifens kann zu massiven
Reifenschäden führen. Die Feuchtigkeit lagert sich zum Teil an den beschädigten
Schichten zwischen Lauffläche und Karkasse ab. Wird das Wasser erhitzt, verdampft
es und kann zu einer Karkassablösung des Laufstreifens führen.
Solche Innenschäden, die unsichtbar im Inneren des Reifens verbleiben, stellen das
eigentliche Sicherheitsrisiko bei Reifenreparaturen dar.
Der eigentliche Stichkanal kann zwar recht zuverlässig durch Kalt- oder
Warmvulkanisation instandgesetzt werden. Wenn jedoch seit Eintritt des Schadens
einige Zeit vergangen ist, werden die Risiken eines verdeckten Schadens
unkalkulierbar.
Kritisch sind auch unmittelbare Folgeschäden z.B. Durchschlag mit Gewebebruch die
an völlig anderen Stellen des Reifens entstehen können. Es genügt daher nicht nur
die Umgebung der Stichverletzung zu kontrollieren, sondern das gesamte
„Innenleben“ des Reifens muss genauestens überprüft werden.
Sonstige Reifenschäden
Reifen werden nicht nur durch mangelhafte Luftdruckkontrolle, Überlastung oder
Fremdkörper beschädigt.
Auch der Versuch ein Motorrad mit maschineller Hilfe möglichst sauber zu machen,
kann im Reifen nicht reparable Reifenschäden verursachen.
Besonders kritisch sind hier bei kettengetriebenen Motorrädern die Bestrebungen des
Halters zu bewerten, den Reifen mit einem Hochdruckreiniger zu säubern.
Da Kettenfett auch auf den Reifen und der Felge gut haftet, muss bei den üblichen
Hochdruckreinigern der vorgeschriebene Mindestabstand beim Reinigen
unterschritten werden, um eine ausreichende Reinigungswirkung zu erzielen.
Auswaschungen an der Reifenseitenwand können hier die Folge sein.
Aber auch das Abstellen des Motorrades auf einer verunreinigten Abstellfläche, kann
bereits genügen um den Reifen zu beschädigen.
Hier sind besonders Abstellplätze auf veröltem Untergrund von Bedeutung.
Besonders kritisch wird es jedoch, wenn Reifen zu Reinigungszwecken mit
Lösemitteln behandelt werden.
Hierbei ist es nebensächlich ob damit Verschmutzungen entfernt werden sollen, oder
ob bei Neureifen eine angeblich vorhandene Siliconschicht entfernt werden soll.
Die Lösemittel dringen in die Oberfläche des Reifens ein und waschen dort benötigte
Bestandteile des Gummis aus.
Die Reifenoberfläche kann je nach verwendetem Lösemittel aufweichen, quellen oder
aber auch verhärten.
Nachfolgende Schäden der Laufschicht lassen sich hier nicht ausschließen.
Nicht verschwiegen werden sollten aber auch Reifenschäden die z.B. beim Transport
des Reifens entstehen können.
Heftklammern im Reifen oder mit Bändern zusammengezurrte und damit verformte
Reifen, fehlerhaft gelagerte Reifen beschädigen den Reifen bereits vor der ersten
Montage.
Aber auch falsche Reifenmontage durch Handel und Selbstmontage führen zu nicht
reparablen Reifenschäden.
Beurteilen von Felgen bei der Reifenmontage:
Grundsätzlich gilt nach DIN und auch nach den meisten Herstellerangaben ein
maximal zulässiger Höhen- bzw. Seitenschlag von 2 mm als Verschleißgrenze.
Mag dieser Wert bei einem Fahrrad gerade noch an der akzeptablen Höchstgrenze
liegen, ist für ein großes Motorrad dieser Wert nicht mehr zu akzeptieren.
Derartige große Abweichungen vom Neuzustand einer Felge werden in der Regel
erhebliche Fahrwerksprobleme verursachen.
Shimmy (Flattern des Vorderrades im Bereich 50 – 100 km/h) und Pendeln
(Bewegung des Fahrzeuges um Lenk-, Gier- und Hochachse) können die Folge sein.
Dabei können Fahrzustände auftreten die für den Fahrer nicht mehr beherrschbar
sind und zum Unfall führen.
Der Höhen- und Seitenschlag einer Felge sollte daher unter 0,5 mm liegen.
Bei Speichenrädern ist auf eine gleichmäßige Spannung der Speichen zu achten.
Des weiteren, sind insbesondere bei den üblichen Leichtmetallfelgen der meisten
Motorräder die Wulstflächen der Felgen auf Beschädigungen zu prüfen.
Als Faustregel kann dabei folgendes gelten:
Sind in der Wulstfläche Beschädigungen der Felge von mehr als 0,5 mm Tiefe und 1
mm Breite feststellbar, ist die Felge auszutauschen.
Gleiches gilt, wenn sichtbare Verformungen der Felge feststellbar sind
Beurteilen von Radlagern bei ausgebautem Rad
Gerade bei ausgebautem Rad müssen die Radlager überprüft werden.
Insbesondere bei kettengetriebenen Fahrzeugen, werden vom Fahrzeughalter
oftmals die Räder mittels eines Hochdruckreinigers gereinigt. Bedingt durch den
scharfen Wasserstrahl gelangt Feuchtigkeit in den Bereich der Radlager. Diese
Feuchtigkeit kann zum einen die Fettfüllung der Radlager beschädigen und zum
anderen Korrosion verursachen.
Lange bevor übermäßiges Spiel der Radlager, bei eingebautem Rad feststellbar ist,
kann bei der Reifenmontage bereits geprüft werden, ob die Radlager „rau“ laufen.
Zur Überprüfung der Radlager eignet sich am besten der gute alte Pendelbock.
Das Rad wird mit der passenden Achse auf den Pendelbock aufgelegt und schnell
gedreht. Die Achse soll sich dabei nicht mitdrehen (Achse festhalten). Da jetzt das
Rad „nur“ in seinen eigenen Lagern dreht, ist sehr schnell fühlbar, ob die Radlager
gleichmäßig rund laufen oder bereits einen rauen Lauf aufweisen.
Sobald ein „raues“ Radlager festgestellt wird, müssen die Radlager und die
dazugehörigen Dichtelemente ausgetauscht werden.
Statisches oder Dynamisches Auswuchten?
Eine Frage die im PKW Bereich nicht gestellt wird, wirft im Motorradbereich immer
wieder große Fragezeichen auf.
Da viele Fahrzeughersteller Laufräder ab Werk nur statisch auswuchten, die
Rennsportdienste der Reifenhersteller Rennreifen nur statisch auswuchten, herrscht
der Irrglaube, das auch das Serienrad bei Ihnen nur statisch ausgewuchtet werden
muss.
Zur Klarstellung: Aus einer dynamischen Unwucht von nur 20 Gramm werden bei
Tempo 300 km/h eine Störkraft von 62 Kg die eine entsprechende Stossbelastung für
die Radlager darstellen und Fahrwerksunruhen bei niedrigen Geschwindigkeiten
auslösen können.
Argument für die Fahrzeughersteller ist die Sicherheit gegen Ablösen der
Klebegewichte (Keine Sicherung der Gewichte mittels Tape) und im Rennsport
werden die kritischen Geschwindigkeiten von ca. 50 – 100 km/h kaum gefahren.
In Ihrem täglichen Einsatz sollte daher grundsätzlich jedes Laufrad mit einer Breite
von mehr als etwa 3“ dynamisch ausgewuchtet werden, wenn die Anbringung
entsprechender Gewichte möglich ist.
Auswuchten von Motorradreifen
Grundsätzlich müssen alle Motorradreifen gewuchtet werden.
Ausnahmen machen hier Fahrzeuge die nur eine sehr niedrige Geschwindigkeit
erreichen, z.b. Mofa, oder bei denen konstruktiv eine Auswuchtung nicht möglich ist,
z.b. Felgen ohne Radnabe.
Wie im Pkw-Bereich sollen auch Motorradreifen dynamisch gewuchtet werden. Dies
hat insbesondere beim Vorderrad auch einen fahrphysikalischen Grund. Aufgrund
einer dynamischen Unwucht, besteht die Gefahr, dass die Fahrwerksstörung
„Shimmy“ erzeugt oder verstärkt wird.
Problematisch wird allerdings die Umsetzung des dynamischen Auswuchtens.
Bei den meisten Felgen, ist konstruktiv vom Fahrzeughersteller nur eine Aufnahme
der Wuchtgewichte auf einem Mittensteg vorgesehen. Das Anbringen von
Wuchtgewichten im Bereich des Felgenhornes ist meistens nicht möglich.
Das Anbringen von selbstklebenden Wuchtgewichten im seitlichen Bereich der Felge,
scheitert manchmal daran, dass keine geeignete ebene Fläche vorhanden ist.
Die Felgen fallen meistens schräg nach außen ab. Bei den hohen Geschwindigkeiten
der Fahrzeuge ist es auf diesen Flächen nicht möglich, dauerhaft selbstklebende
Wuchtmittel aufzubringen. Es besteht die Gefahr, dass die Klebeschicht durch die
hohen Kräfte zerstört wird und das Gewicht als Geschoss durch die Luft fliegt.
Die Grenze für den Einsatz von Klebegewichten liegt etwa bei 15 Grad Neigung der
Klebefläche.
Im Rennsport gibt es daher die Verpflichtung solche Klebegewichte zusätzlich mit
einem Textilklebeband mit einer Klebefläche von mindestens 10 mm über das
Gewicht zu sichern.
Bei Speichenfelgen kommen entsprechende Speichengesichte zum Einsatz, da häufig
kein Platz für das Anbringen von Klebegewichten vorhanden ist.
Hier benötigen Sie neben den bekannten Hartmetallgewichten unbedingt auch die
Weichblei – Gewichte da bei größeren Fahrzeugen die Speichennippel zu groß sind,
so dass die Hartmetallgewichte nicht mehr passen.
Während im PKW- und LKW Bereich der Einsatz von Bleigewichten mittlerweile
verboten ist, dürfen diese Gewichte beim Motorrad auch weiterhin ohne
Einschränkungen verwendet werden.
(c)2005 ManfredKaemmerer
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