Der Reitwagen - das war ein aus Eschenholz gebautes, mit zwei Stützrädern versehenes Zweirad, also kein reines Einspurfahrzeug. Seine hölzernen Reifen waren mit Metall bespannt, der Auspuff befand sich direkt unter dem wie ein Reitsattel geformten Ledersitz. Daimler meldete dieses weltweit erste Fahrzeug mit Verbrennungsmotor am 29. August 1885 zum Patent an. Am 10. November 1885 unternahm Daimlers Sohn die drei Kilometer weite Jungfernfahrt von der Familienvilla in Cannstatt nach Untertürkheim und zurück – beides heutzutage Stadtteile der Motorenmetropole Stuttgart.
Angetrieben wurde der etwa 90 Kilogramm schwere Urahn aller Kraftfahrzeuge vom damals neuartigen schnell laufenden Einzylinder-Viertaktmotor, der Daimler am 3. April 1885 patentiert wurde und als "Standuhr-Motor" berühmt wurde. Er schöpfte aus 264 cm3 Hubraum rund 0,5 PS bei 650 Umdrehungen pro Minute. Die Kraftübertragung ans Hinterrad übernahm ein Lederriemen. Sein vergleichsweise leichtes Gewicht von rund 60 Kilogramm, seine kompakten Abmessungen und die Nutzung von Benzin als energiereichem Brennstoff machten den Standuhr-Motor ideal für einen ortsungebundenen Einsatz.
Diesen bahnbrechenden Antrieb hat Gottlieb Daimler in der Werkstatt neben seinem damaligen Wohnhaus selbst entwickelt und immer wieder verbessert. Seine technischen Merkmale sind die Glührohrzündung, das Schwungrad aus Bronze, ein Einlass-Flatterventil und ein gesteuertes Auslassventil.
Das Original des Reitwagens wurde 1903 bei einem Brand im Daimler-Werk Untertürkheim zerstört. Mercedes-Benz ließ 1985, zum 100. Geburtstag, zehn dieser Reitwagen nach originalen Maßstäben nachbauen. Solche Nachbauten zeigen unter anderem das Verkehrsmuseum in Dresden, das Zweiradmuseum im Schloss Augustusburg, das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart und das Deutsche Museum in München. Doch nur ein einziger Nachbau, der in Stuttgart, ist fahrbereit.
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